Erbrecht in Frankreich: Die gesetzliche Erbfolge

Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung gilt für einen Erbfall grundsätzlich das Recht des Landes, in welchem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wenn zum Beispiel ein deutscher Staatsangehöriger zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hatte, gilt für sein bewegliches und unbewegliches Vermögen französisches Erbrecht und dies sogar dann, wenn Immobilien in einem anderen Land, z.B. in Deutschland vorhanden waren. Ein Franzose, der zum Zeitpunkt seines Todes in Deutschland gelebt hat, kann für seinen Erbfall eine Rechtswahl zugunsten seines Heimatrechts, d.h. des französischen Rechts treffen.

 

Das französische Zivilgesetzbuch (Code Civil) kennt anders als das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) keine Erbeinsetzung durch Testament. Dadurch kommt es in der Regel zur gesetzlichen Erbfolge und somit zur Verteilung des Nachlasses innerhalb der Familie. Der Erblasser kann nach französischem Recht jedoch Vermächtnisse anordnen, also einzelne Gegenstände oder Vermögenswerte zuwenden.

 

Im französischen Recht gibt es vier Erbordnungen. Die höhere Erbordnung schließt die nachfolgende Erbordnung aus. In erster Ordnung erben die Kinder des Erblassers, Art. 735 Code Civil. Die Kinder erben zu gleichen Teilen. Verstorbene oder erbunwürdige Kinder werden durch ihre Abkömmlinge repräsentiert, Art. 752 Code Civil. In zweiter Ordnung erben die Eltern und Geschwister des Erblassers, bzw. nach dem Repräsentationsprinzip bei Vorversterben oder Erbunwürdigkeit deren Abkömmlinge. Im deutschen Erbrecht erben die Geschwister nur dann, wenn die Eltern vorverstorben sind, bzw. ein Elternteil vorverstorben ist. Im französischen Recht erben die Geschwister des Erblassers neben den beiden Eltern jedoch zur Hälfte.

 

Beispiel: Ein verwitweter und kinderloser Erblasser hinterlässt seine Eltern, eine Schwester und die beiden Kinder seines vorverstorbenen Bruders. Nach deutschem Erbrecht würden die Eltern jeweils zu 1/2 erben, die Schwester und die Kinder des verstorbenen Bruders würden nichts erben. Nach französischem Erbrecht erben der Vater zu 1/4, die Mutter zu 1/4, die Schwester zu 1/4 und die Kinder des vorverstorbenen Bruders zu 1/8.

 

Ist ein Elternteil vorverstorben, wird dessen Erbteil anders als im deutschen Erbrecht nicht dem verbleibenden Elternteil, sondern den Geschwistern zugeschlagen. In dritter Ordnung erben die Großeltern und Urgroßeltern des Erblassers, in vierter Ordnung die Seitenverwandten (collateraux).

 

Dem überlebenden Ehegatten des Erblassers steht ebenfalls ein Erbrecht zu. Wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind, erhält der Ehegatte entweder den Nießbrauch am gesamten Vermögen oder ein Viertel der Erbschaft, siehe Art. 757 Code Civil. Die Kinder können den verbliebenen Elternteil auffordern, sein Wahlrecht auszuüben. Sofern der überlebende Ehegatte sich nicht äußert, gilt der Nießbrauchsrecht, Art. 758-3 Code Civil. Der Ehegatte und die Erben können die Umwandlung des Nießbrauchsrechts in eine Leibrente verlangen. Der Ehegatte erbt wie auch im deutschen Recht nicht mehr, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits rechtskräftig geschieden war.

 

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