Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 22.09.2022, Aktenzeichen B 11 AL 34/21 R entschieden, dass das an eine in Frankreich wohnende Grenzgängerin gezahlte Arbeitslosengeld I nicht um pauschalierte Lohnsteuer gemindert werden darf, da aufgrund des deutsch- französischen Doppelbesteuerungsabkommens Steuerpflicht in Frankreich besteht.
Im Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die in Deutschland gearbeitet und in Frankreich gewohnt hatte, wohin sie jeden Abend nach der Arbeit zurückkehrte. Als sie aufgrund von Erkrankung ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen konnte und der Krankengeldanspruch erschöpft war, bewilligte ihr die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld I. Die deutsche - und trotz des Wohnsitzes in Frankreich nicht die französische - Arbeitsverwaltung war hier zuständig, weil das Arbeitsverhältnis noch weiterbestand. Bei der Bewilligung des Arbeitslosengeldes zog die Arbeitsagentur ihr jedoch wegen § 153 Abs. 1 Nr. 2 SGB III pauschalierte Lohnsteuer vom Arbeitslosengeld ab.
Hiermit war die Klägerin nicht einverstanden, weil sie als Grenzgängerin nach dem deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen aufgrund ihres in Wohnsitzes in Frankreich auch in Frankreich lohnsteuerpflichtig ist und dort Steuern zahlen muss. Nachdem das Sozialgericht Freiburg und das Landessozialgericht Baden-Württemberg ihre Klage abgewiesen hatten, gab das Bundessozialgericht ihr Recht. Es entschied, dass bei einem Grenzgänger, der nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht der Steuerpflicht im Inland unterliegt, bei der Leistungsbemessung mangels eines als Lohnsteuermerkmal heranzuziehender Steuerklasse kein pauschalierter Abzug für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag vorgenommen werden darf. Art. 13 Abs. 5 des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens sehe vor, dass Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit von Grenzgängern im Mitgliedstaat des Wohnsitzes, hier also in Frankreich zu versteuern seien. Wenn die Klägerin Grenzgängerin sei, dürfte keine Lohnsteuerklasse bei der Leistungsbemessung berücksichtigt werden und das Arbeitslosengeld müsse ohne solche Abzüge bewilligt und ausgezahlt werden.
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